Pflegegrad abgelehnt? So legen Sie Widerspruch ein

Viele Menschen, die im Alltag auf Hilfe angewiesen sind, stellen einen Antrag auf Pflegegrad bei der Pflegeversicherung. Denn angemessene Unterstützung ist teuer und Leistungen von der Pflegekasse gibt es nur, wenn ein Pflegegrad vorliegt. Aber was, wenn die Gutachter den Antrag ablehnen?

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Ältere Frau surft im Internet.
© Prostock/www.shutterstock.com

Wer bei der Pflegeversicherung die Einstufung in einen Pflegegrad beantragt, erhält kurz darauf Besuch vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Ein Gutachter prüft, ob der Antragsteller pflegebedürftig ist und wenn ja, in welchem Ausmaß.

Fast jeder dritte Antrag wird abgelehnt. Wenn Betroffene keinem Pflegegrad zugeteilt werden, erhalten sie auch keine Leistungen von der Pflegekasse. Und das, obwohl oft hoher Pflegebedarf und damit einhergehende Kosten bestehen. Deshalb sollten Sie das Urteil nicht dem Zufall überlassen. Zunächst ist es wichtig, dass Sie sich vernünftig auf das Gutachten des MDK vorbereiten. Wie das am besten geht, lesen Sie in unserem Beitrag Pflegegrad: Darauf kommt es beim Gutachten an

In 5 Schritten zum erfolgreichen Widerspruch

Sollte es trotz Vorbereitung dazu kommen, dass Ihr Antrag auf Pflegegrad abgelehnt wird, müssen Sie schnell handeln. Denn für den Widerspruch haben Sie nur vier Wochen Zeit. So gehen Sie vor:

1. Das Gutachten prüfen

Nach dem Besuch des MDK erhalten Sie einen Bescheid der Pflegeversicherung. Hierin wird Ihnen mitgeteilt, ob Sie einen Pflegegrad erhalten oder nicht. In der Regel wird das schriftliche Gutachten ebenfalls mitgeschickt. Ist dies nicht das Fall, sollten Sie sich umgehend mit der Pflegeversicherung in Verbindung setzen und das Gutachten anfordern.

Prüfen Sie das Gutachten gründlich, nachdem Sie es erhalten haben. Nehmen Sie den Inhalt ganz genau unter die Lupe und vergleichen Sie die Ergebnisse mit Ihren eigenen Eindrücken. Hat der Gutachter alles korrekt erfasst? Wurden alle (noch so kleinen) Hilfeleistungen aufgeführt, die der Betroffene benötigt? Wurde die Selbstständigkeit des Betroffenen richtig eingeschätzt? Wurden alle Punkte richtig vergeben und zusammengerechnet? Gehen Sie dabei Schritt für Schritt das Gutachten durch. Jede Abweichung kann entscheidend sein.

2. Rat einholen

Auch wenn Sie das Gutachten sorgfältig überprüft haben, sollten Sie auf Nummer sicher gehen und zusätzlichen Rat einholen. Wenn bereits ein ambulanter Pflegedienst genutzt wird, können Sie sich hier Unterstützung suchen. Ausgebildete Pflegefachkräfte haben genug Erfahrung, um Ihnen einige Tipps zu geben und einen fachmännischen Blick auf das Gutachten zu werfen. Alternativ können Sie auch einen Pflegestützpunkt in Ihrer Nähe aufsuchen und sich dort beraten lassen.

3. Widerspruch vorbereiten

Obwohl Sie sich zügig um den Widerspruch kümmern sollten, dürfen Sie nichts überstürzen. Gehen Sie die Sache in Ruhe an und bereiten Sie den Widerspruch vernünftig vor. Denn damit Sie Erfolg haben, müssen Sie Ihren Standpunkt glaubwürdig und nachvollziehbar darstellen. Denken Sie daran: Sie möchten mit dem Widerspruch verdeutlichen, dass mehr Pflege benötigt wird, als im Gutachten aufgeführt ist. Deshalb sollten Sie zunächst alle medizinischen Dokumente und Belege sammeln. Atteste, Arztbriefe, Rechnungen, Entlassungsberichte und weitere Belege können dabei helfen, Ihren Widerspruch durchzusetzen. Falls Sie es vor dem ersten Gutachten nicht gemacht haben, sollten Sie jetzt eine Selbsteinschätzung ausfüllen und ein Pflegetagebuch führen, um die Pflegebedürftigkeit zu dokumentieren. Gehen Sie nun noch einmal das Gutachten durch und überlegen Sie, welchem Punkt Sie aus welchem Grund widersprechen.

4. Widerspruch verfassen

Verfassen Sie ein Schreiben, in dem Sie Ihre Überlegungen und Ergebnisse ausführlich aufführen und Ihre Meinung sachlich vertreten.

Achtung: Nicht jeder darf den Widerspruch verfassen! Er muss entweder vom Betroffenen selbst, einem Bevollmächtigten oder einer Pflegeperson (vom ambulanten Pflegedienst) verfasst und unterschrieben werden.

5. Widerspruch einreichen

Das Schreiben können Sie persönlich bei der Geschäftsstelle der Pflegeversicherung abgeben. Lassen Sie sich für die Abgabe unbedingt eine Quittung ausstellen. Im Streitfall können Sie so nachweisen, dass Sie die Frist eingehalten und den Widerspruch pünktlich eingereicht haben. Es ist auch möglich, den Widerspruch als Brief per Einschreiben (mit Rückschein) oder als Fax (mit Sendebericht) zu verschicken.

Unser Tipp: Behalten Sie eine Kopie des Schreibens für Ihre Unterlagen. So können Sie immer wieder einen Blick darauf werden und haben im Streitfall auch etwas vorzuweisen.

Was passiert nach dem Widerspruch?

Nachdem der Widerspruch bei der Pflegeversicherung eingegangen ist, wird ein zweites Gutachten veranlasst. Es ist wichtig, dass Sie alle medizinischen Belege bereithalten, die Sie gesammelt haben. Auch neue Belege, die zum Zeitpunkt des ersten Gutachtens noch nicht vorlagen, sollten Sie aufbewahren. Drucken Sie auch die Selbsteinschätzung und das Pflegetagebuch aus, das Sie verfasst haben und halten Sie das alte Gutachten sowie Ihren schriftlichen Widerspruch bereit.

Wenn das zweite Gutachten zu keinem anderen Ergebnis kommt, Sie aber überzeugt sind, dass ein Pflegegrad angemessen ist, können Sie entweder abwarten, bis sich die gesundheitliche Lage weiter verschlechtert und dann erneut einen Antrag auf Pflegegrad stellen. Oder Sie versuchen, Ihr Recht vorm Sozialgericht durchzusetzen. Grundsätzlich kann jeder Kläger seinen Prozess vor dem Sozialgericht selbst führen. Es bietet sich aber an, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Mit der Unterstützung eines Rechtsanwaltes sind die Erfolgschancen deutlich höher. Aber Achtung: Wer keine Rechtsschutzversicherung hat, muss mit Kosten rechnen.


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