Pflegekosten: Sozialamt darf keine Auflösung der Sterbegeldversicherung fordern

Die Kosten für angemessene Pflege sind immens. Hilfe vom Sozialamt gibt es erst, wenn eigene finanzielle Mittel nicht ausreichen. Betroffene müssen Einkommen und Vermögen einsetzen, um ihre Pflege zu finanzieren. Aber Achtung: Lassen Sie sich nicht dazu drängen, Ihre Bestattungsvorsorge aufzulösen.

03.10.2018
  • Lesezeit ca. 2:30 Minuten
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    03.10.2018
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Rechnung vom Arzt
© Dan Race/de.fotolia.com

Wer eine Sterbegeldversicherung abschließt, hat damit vor allem das Wohl seiner Angehörigen im Sinn. Zu wissen, dass die Lieben nicht durch den eigenen Tod in finanzielle Schwierigkeiten geraten, ist beruhigend. Gleichzeitig besteht mit einer Sterbegeldversicherung die Möglichkeit, eigene Vorstellungen zur Beisetzung testamentarisch festzuhalten.

Doch dann tritt plötzlich die Pflegebedürftigkeit ein. Hohe Kosten kommen auf Betroffene und ihre Angehörigen zu. Das Pflegeheim oder die Versorgung zu Hause sind so teuer, dass trotz finanzieller Unterstützung von der Pflegekasse ein hoher Eigenanteil bleibt. Wer diesen nicht aufbringen kann, erhält unter Umständen die sogenannte Hilfe zur Pflege vom Sozialamt. Manchmal stellt das Sozialamt jedoch Bedingungen, die kaum zumutbar sind. Zum Beispiel die Auflösung der eigenen Sterbegeldversicherung.

Hilfe zur Pflege, was ist das?

Die Hilfe zur Pflege wird vom Sozialamt gezahlt. Wenn die Leistungen der gesetzlichen Pflegekasse nicht ausreichen und der Betroffene oder unterhaltspflichtige Angehörige auch nicht über genügend finanzielle Mittel verfügen, um den Eigenanteil zu zahlen, besteht Anspruch auf Hilfe zur Pflege.

Zu den eigenen finanziellen Mitteln gehören sowohl Einkommen als auch andere Vermögenswerte. Das können Ersparnisse, Wertpapiere, Schmuck, Immobilien und Grundstücke, Kraftfahrzeuge oder Lebensversicherungen sein. Diese müssen eingesetzt werden, um die eigene Pflege zu finanzieren. Ausnahmen bestehen, wenn Vermögen unter die Härtefallregelung fällt.

Zählt die Sterbegeldversicherung zum Vermögen?

Es kann vorkommen, dass das Sozialamt die Hilfe zur Pflege mit der Begründung verweigert, dass noch eine Sterbegeldversicherung besteht. Antragsteller werden dann dazu aufgefordert, zunächst die Versicherung aufzulösen, um sie für die Finanzierung der Pflege einzusetzen. Betroffene sollten dieser Forderung nicht ohne Weiteres nachkommen. Denn sie ist nicht gerechtfertigt, wie einige Urteile der vergangenen Jahre zeigen:

  • Das Bundesverwaltungsgericht hat 2003 in einem Fall entschieden, dass Vermögen aus der eigenen Bestattungsvorsorge (sowohl für Bestattung als auch für Grabpflege) als Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelung angesehen werden muss.
  • Diesem Urteil schloss sich das Bundessozialgericht im Jahr 2008 an. Für die Rechtsprechung „spricht nicht zuletzt, dass die Bundesregierung […] die ausdrückliche Privilegierung eines Bestattungsvorsorgevertrags […] mit der Begründung abgelehnt hat, die vorgesehene Regelung sei nicht erforderlich, weil bereits nach geltendem Recht mit der Härtefallregelung […] eine menschenwürdige Bestattung für Sozialhilfeempfänger sichergestellt sei.“
  • Das Sozialgericht Düsseldorf urteilte im Jahr 2013 ähnlich, allerdings mit einer wichtigen Unterscheidung: Reine Todesfallversicherungen seien als kapitalbildende Lebensversicherungen anzusehen und somit nicht zum Schonvermögen zu zählen. Zum Schonvermögen gehöre eine Versicherung erst, wenn sie explizit zur Bestattungsvorsorge dient.
  • Ähnlich verhielt es sich nun auch vor dem Sozialgericht in Gießen. Eine Frau sollte für die Pflegekosten ihres Mannes die Sterbegeldversicherung auflösen. Dies wurde vom Gericht abgelehnt. Unter anderem, weil die Sterbegeldversicherung eine zweckgebundene Geldanlage sei, deren frühzeitige Auflösung nie vorgesehen war.

Was bedeutet das konkret?

Die aufgeführten Urteile machen vor allem zwei Dinge deutlich. Erstens kann es sich im Hinblick auf die Hilfe zur Pflege lohnen, den Forderungen des Sozialamts nicht blind nachzukommen. Zweitens wird der große Vorteil einer angemessenen Bestattungsvorsorge deutlich. Häufig wird statt einer Sterbegeldversicherung ein einfacher Sparvertrag empfohlen. Beim Sparvertrag handelt es sich aber um eine Geldanlage, die zum verwertbaren Vermögen für Pflegekosten gehört. Fallen also hohe Kosten für die Pflege an, die durch Einkommen oder Rente nicht gedeckt werden können, muss der Sparvertrag aufgelöst werden.

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Merke: Beim Abschluss einer Bestattungsvorsorge sollten Sie unbedingt darauf achten, dass diese zweckgebunden ist. Es muss ein konkreter Verwendungszweck vorhanden sein, der die vorherige Verwertung des Vermögens ausschließt. Dann stehen die Chancen sehr gut, dass das Sozialamt Sie nicht zur Verwendung für Pflegekosten auffordern kann. Ihre Vorsorge ist dann gewährleistet und Sie können sichergehen, dass das Geld auch für den vorgesehenen Zweck eingesetzt wird.


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