GPS-Ortung für Menschen mit Weglauftendenz

Menschen mit Demenz oder geistiger Behinderung sind oft ziel- und orientierungslos. Gleichzeitig verspüren sie aber einen starken Bewegungsdrang. Die sogenannte „Weglauftendenz“ ist deshalb ein typisches Symptom. Daraus können gefährliche Situationen entstehen. Ein GPS-Ortungsgerät kann dabei helfen, sie schnell und unkompliziert zum Guten zu wenden. Dabei ist aber einiges zu beachten.

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Spaziergang
© MirceaIancu/pixabay.com

Wenn sich eine demenzkranke oder geistig behinderte Person von ihrem Wohnort entfernt und ziellos durch die Gegend streift, kann das schnell gefährlich werden. Nicht selten werden dadurch Verkehrsunfälle ausgelöst. Auch ist es möglich, dass die Betroffenen nicht wieder nach Hause finden und Angehörige nicht wissen, wo sie nach ihnen suchen sollen. Ortungssysteme sind eine mögliche Lösung, um Angehörige oder Pflegende zu beruhigen und gleichzeitig ein wenig Freiheit für Demenzkranke zu erhalten.

Diese GPS-Varianten gibt es

Um einen Angehörigen per GPS zu orten, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Ortung kann zum Beispiel über das Smartphone erfolgen. Voraussetzung ist, dass Ihr Angehöriger ein Smartphone besitzt, auf dem Sie eine entsprechende Funktion einrichten können. Sie selbst können sich dann auf Ihrem Computer oder Smartphone anzeigen lassen, wo sich Ihr Angehöriger befindet. In der Regel ist die Ortung über das Smartphone sogar kostenlos. Doch das Ganze hat auch Nachteile: Angehörige können nicht zu hundert Prozent sichergehen, dass der Demenzkranke oder geistig Behinderte das Smartphone immer bei sich trägt. Vielleicht vergisst er es oder weigert sich sogar dagegen, es mitzunehmen. Auch beim Verlust des Handys kann die Ortung nicht mehr zuverlässig erfolgen.

Für Demenzkranke und geistig Behinderte mit Weglauftendenz eignen sich deshalb eher spezielle Ortungsgeräte. Es gibt mobile Notrufknöpfe mit integrierter GPS-Ortung, die direkt am Körper getragen werden können. Zum Beispiel

  • als Halskette
  • als Armband
  • als Schlüsselanhänger
  • an der Kleidung befestigt

Außerdem gibt es spezielle GPS-Notruf-Uhren, die auch Alarm auslösen können, wenn der Träger einen bestimmten Bereich verlässt. Sie haben den entscheidenden Vorteil, dass sie ständig am Körper getragen werden können und die Wahrscheinlichkeit geringer ist, dass der Betroffene sie vergisst oder verliert. In Extremfällen können sie auch am Handgelenk fixiert werden.

Unter Umständen übernimmt die Krankenkasse die Kosten

Eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Ein GPS-Gerät kann als notwendiges Hilfsmittel gelten. Am besten sprechen Sie im Vorfeld mit Ihrem Arzt und bitten ihn, die Notwendigkeit zu bestätigen. Im Anschluss wenden Sie sich an Ihre Krankenkasse und bitten um die Kostenübernahme für das Hilfsmittel.

Sollte es hier zu Problemen kommen, können Sie versuchen, sich auf ein Urteil vom 17.09.2020 zu berufen: Ein Arzt hatte für einen 19-jährigen Mann mit geistiger Behinderung und Weglauftendenz eine GPS-Notfalluhr bei der Krankenkasse beantragt. Sie sei notwendig, weil der Mann sich selbst gefährde und nicht ständig beaufsichtigt werden könne. Ein herkömmliches GPS-Gerät sei nicht ausreichend, weil er es selbst entfernen würde und eine Fixierung am Handgelenk erforderlich sei. Die Krankenkasse verweigerte zunächst die Zahlung, weil ständige Überwachung und geschlossene Türen das Problem vorrangig beheben könnten.

Der Fall landete vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen. Wie das Portal Kostenlose Urteile berichtet, gab das Gericht der Klage statt, unter anderem mit folgender Begründung: „Durch das Gerät könnten die Folgen der geistigen Behinderung abgemildert werden indem Mobilität und Bewegungsfreiheit überhaupt erst ermöglicht würden. […] Denn die Selbstbestimmung der räumlichen Freiheit sei zwar durch die digitale Überwachung eingeschränkt, [doch] unter den gegebenen Umständen führe die am Handgelenk fixierte GPS-Überwachung zu einer Reduzierung der bestehenden Isolation und Freiheitsentziehung durch Wegsperren.“

Übrigens: Wenn ein Pflegegrad vorliegt, erhalten Betroffene einen pauschalen Zuschuss für Notrufgeräte, egal ob Hausnotruf oder mobiler Notruf. Die Pflegekasse zahlt 25,50 Euro im Monat. Für einen einfachen Hausnotruf reicht das meist schon aus. Die Kosten eines mobilen Notrufs liegen etwas höher. Dennoch können Pflegebedürftige mit dem Zuschuss mehr als die Hälfte der Kosten sparen – je nach Modell und Vertrag.

Wichtig: Niemals ohne Zustimmung orten

Bevor Sie Ihren Angehörigen per GPS orten, sollten Sie sein Einverständnis einholen. Besonders bei Menschen mit Demenz oder geistiger Behinderung ist das manchmal leichter gesagt als getan. Versuchen Sie trotzdem, in einem klaren Moment mit Ihrem Angehörigen über die Ortung zu sprechen und ihm das Thema verständlich näherzubringen. Nutzen Sie dabei am besten Formulierungen wie „Damit bist du sicherer“, „So kann ich dich wiederfinden, wenn etwas passiert“ oder „Das ist gut, so kannst du öfter spazieren gehen“.


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