Kraftfahrzeughilfe für Menschen mit Behinderung

Menschen mit Behinderung, die am Berufsleben teilnehmen möchten, haben es nicht immer leicht. Oft beginnen die Probleme schon beim Arbeitsweg. Denn öffentliche Verkehrsmittel sind für viele ein Hindernis. Ein eigenes Auto mit behindertengerechter Ausstattung ist dann ein Muss. Deshalb gibt es für Betroffene einen Zuschuss von bis zu 9.500 Euro für den Erwerb eines Autos. Auch weitere finanzielle Hilfen rund um Ausstattung, Führerschein und Kfz-Steuer sind möglich.

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Autoverkehr im Herbst
© qimono/pixabay.com

Die sogenannte Kraftfahrzeughilfe ist eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, die es Menschen mit Behinderung erleichtern soll, einen Beruf auszuüben. Da auch der Weg zur Arbeit eine wesentliche Voraussetzung für die Berufstätigkeit ist, erhalten Betroffene unter Umständen Zuschüsse für den Erwerb eines Kraftfahrzeugs. Auch die Kostenübernahme für behinderungsbedingte Zusatzausstattung, ein Zuschuss zum Führerschein oder die Befreiung von der Kfz-Steuer sind möglich.

Zuschuss zum Erwerb eines Kraftfahrzeugs

Der Zuschuss wird gewährt, wenn der Versicherte wegen der Art oder der Schwere seiner Behinderung auf ein eigenes Auto angewiesen ist, um die Fahrt zwischen seiner Wohnung und dem Arbeitsplatz bzw. dem Ort der Berufsausbildung zu bewerkstelligen. Eine Schwerbehinderung oder ein Grad der Behinderung von mindestens 30 wird vorausgesetzt.

Anträge und Informationsblätter können auf der Webseite der Deutschen Rentenversicherung heruntergeladen werden.

Wie wird der Zuschuss berechnet?

Die Höhe des Zuschusses ist abhängig vom monatlichen Nettoeinkommen des Versicherten:

Monatliches Nettoeinkommen bisZuschuss in % vom BemessungsbetragZuschuss höchstensEigenanteil in %
1.360 €10022.000 €kein Eigenanteil
1.530 €8819.360 €12
1.700 €7616.720 €24
1.870 €6414.080 €36
2.040 €52 11.440 €48
2.210 €408.800 €60
2.380 €286.160 €72
2.550 €163.520 €84
über 2.550 €kein Zuschusskein Zuschuss100

(Quelle: Deutsche Rentenversicherung, Stand 01.01.2023)

Wichtig: Die in der Tabelle angegebenen Werte beziehen sich auf das Jahr 2023. Sie werden jährlich angepasst.

Was muss noch beachtet werden?

Um den Zuschuss korrekt zu berechnen, müssen Familienangehörige berücksichtigt werden. Für jeden Angehörigen, den der Versicherte unterhält, wird vom zu berücksichtigenden Gehalt ein Betrag von 395 Euro abgezogen. Das wirkt sich für den Versicherten positiv aus, denn je geringer das Einkommen, desto höher der Zuschuss.

Wenn ein Altwagen vorhanden ist, muss der Verkehrswert ermittelt und ebenfalls eingerechnet werden. Wie das funktioniert, sehen Sie in folgendem Beispiel.

Beispiel mit Angehörigen und Altwagen:

Monatliches Nettoeinkommen: 1.800 Euro
Ein Familienangehöriger, der vom Versicherten unterhalten wird: 395 Euro
Zu berücksichtigendes Einkommen: 1.405 Euro

Kaufpreis eines Kraftfahrzeugs: 25.000 Euro
Maximaler Zuschuss: 22.000 Euro
Verkehrswert des Altwagens: 1.300 Euro
Bemessungsbetrag: 22.000 - 1.300 = 20.700 Euro

Zuschuss (88 Prozent von 20.700 Euro) = 18.220 Euro

Beispiel ohne Angehörige und Altwagen:

Monatliches Nettoeinkommen: 1.800 Euro

Somit ergibt sich ein Zuschuss von 64 Prozent vom Bemessungsbetrag. Dieser liegt ohne Abzüge bei 9.500 Euro.

Kaufpreis eines Kraftfahrzeugs: 25.000 Euro
Maximaler Zuschuss 22.000 Euro
Bemessungsbetrag: 22.000 Euro

Zuschuss: (64 Prozent von 22.000 Euro) = 14.080 Euro

Kostenübernahme von Zusatzausstattung

Auch für behinderungsbedingte Zusatzausstattung übernimmt die Deutsche Rentenversicherung Kosten – und zwar sowohl für die Anschaffung als auch für Reparaturen. Zur Zusatzausstattung gehören zum Beispiel

  • Verstellbare, schwenkbare Sitze
  • Lenkhilfen
  • Bremskraftverstärker
  • Automatisches Getriebe

Die Höhe des Einkommens spielt für den Zuschuss keine Rolle. Er beträgt

  • maximal 1.636 Euro für ein automatisches Getriebe,
  • maximal 1.074 Euro für jede andere Zusatzausstattung
  • und die volle Höhe, wenn die Zusatzausstattung ausschließlich aufgrund der Behinderung erforderlich ist und nicht als allgemeine Zusatzausstattung angesehen werden kann. Das gilt zum Beispiel für Auffahrrampen für Rollstühle.

Zuschuss zum Führerschein

Auch für die Erlangung des Führerscheins können Betroffene einen Zuschuss erhalten. Er ist abhängig vom Einkommen und von der Höhe der entstehenden Kosten.

  • Bei einem Einkommen von bis zu 1.320 Euro werden die Kosten in voller Höhe übernommen.
  • Bei einem Einkommen von bis zu 1.810 Euro werden die Kosten zu zwei Dritteln übernommen.
  • Bei einem Einkommen von bis zu 2.470 Euro werden die Kosten zu einem Drittel übernommen.

Wichtig: Zuschüsse von öffentlich-rechtlichen Stellen für den Führerschein, die vorrangig geleistet werden, müssen angerechnet werden. Kosten für Untersuchungen, Ergänzungsprüfungen oder Eintragungen in den Führerschein werden allerdings komplett übernommen.

Ermäßigung und Befreiung von der Kfz-Steuer

Schwerbehinderte können sich teilweise oder komplett von der Kfz-Steuer befreien lassen. Dies geschieht aber nicht automatisch, sondern nur auf Antrag. Der Antrag auf Kfz-Steuervergünstigung für Schwerbehinderte muss beim Hauptzollamt eingereicht werden.

Voraussetzungen für die Steuerermäßigung (50 Prozent)

Der Betroffene

  • hat eine Schwerbehinderung (GdB von 50 oder mehr),
  • hat das Merkzeichen G (gehbehindert) oder Gl (gehörlos),
  • verzichtet auf die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr,
  • und ist Halter des Fahrzeugs.

Voraussetzungen für die Steuerbefreiung

Der Betroffene

  • hat eine Schwerbehinderung (GdB von 50 oder mehr),
  • hat das Merkzeichen H (hilflos), Bl (blind) oder aG (außergewöhnlich gehbehindert),
  • und ist Halter des Fahrzeugs.

Befreiung von der Kfz-Steuer für Erben rückwirkend möglich

Wenn ein Mensch verstirbt, gelten seine Erben als rechtliche Nachfolger. Das heißt nicht nur, dass sie das Vermögen des oder der Verstorbenen erben, sondern auch die Verpflichtungen. Es können also auch finanzielle Verbindlichkeiten oder Schulden geerbt werden. Doch es geht auch anders: Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs hat ergeben, dass Erben einer schwerbehinderten Person Geld zurückbekommen können. Nämlich, wenn der oder die Verstorbene zu Lebzeiten Anspruch auf die Kfz-Steuerbefreiung gehabt hätte. Ist die anspruchsberechtigte Person nicht in den Genuss der Vergünstigung gekommen, können Erben das Geld zurückholen.

Bundesfinanzhof gibt Kläger Recht

Im Februar 2017 habe ein gehbehinderter Fahrzeughalter einen Schwerbehindertenausweis beantragt. Erst im Juni 2017 sei der Antrag bewillig und eine Behinderung von 100 Prozent ab Februar anerkannt worden. Der Fahrzeughalter habe sein Auto aber schon im Mai aus gesundheitlichen Gründen abmelden müssen – kurz darauf sei er verstorben.

Der Erbe des Fahrzeughalters habe daraufhin einen Antrag auf die Befreiung der Kfz-Steuer gestellt, und zwar für den Zeitraum von Februar bis Mai 2017. Das Hauptzollamt habe den Antrag zunächst aus folgender Begründung abgelehnt: „Das Recht auf Steuervergünstigung sei ein höchstpersönliches Recht, welches nicht auf die Erben übergehen könne“ (faz). Der Erbe klagte gegen diesen Beschluss und bekam Recht: Er sei laut Bundesfinanzhof berechtigt, die Vergünstigung bei der Kfz-Steuer zu beantragen. Entscheidend sei das Datum der anerkannten Behinderung (in diesem Fall Februar 2017).

Unser Tipp: Wer in der Familie einen ähnlichen Fall erlebt, sollte sich auf das Urteil berufen. Es lohnt sich, bei einer Ablehnung Einspruch einzulegen und das Aktenzeichen „Az.: IV R 38/19“ zu nennen. Damit nehmen Sie direkten Bezug auf das hier geschilderte Urteil und erhöhen Ihre Chancen auf eine Bewilligung Ihres Antrags.


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