Gehörlosengeld und andere Leistungen für Gehörlose

Gehörlose Menschen stehen im Alltag oft vor kaum überwindbaren Barrieren. Um Betroffene für ihren Mehraufwand zu entschädigen, gewähren einige Bundesländer das sogenannte Gehörlosengeld oder vergleichbare Leistungen. Doch wo gibt es wie viel Geld und welche Voraussetzungen gelten?

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Zwei Menschen kommunizieren
© Andrey_Popov/www.shutterstock.com

Die Benachteiligung von gehörlosen Menschen zieht sich durch fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Viele Dinge, die für Hörende selbstverständlich sind, sind für Gehörlose eine Herausforderung oder schlicht und einfach nicht zugänglich. Die Liste der Beispiele ist lang: Behördengänge, Gottesdienste, das Fernsehprogramm, Konzerte, die Supermarktkasse, Wohnungsbesichtigungen, Bank- und Arzttermine, Durchsagen an Bahnhöfen und Flughäfen – die für Hörende banalsten Dinge können für gehörlose Menschen herausfordernd und sogar gefährlich werden. Untertitel, Dolmetscher und andere behindertengerechte Lösungen wären hier gefragt, haben aber noch keinen festen Platz in der Gesellschaft gefunden.

Der Alltag gehörloser Menschen verlangt ihnen nicht nur auf psychischer Ebene einiges ab. Es entstehen auch zusätzliche Kosten, die sie auf sich nehmen müssen, um ihn bewältigen zu können. Eine kleine Erleichterung schafft das sogenannte Gehörlosengeld. Doch dieses gibt es längst nicht in jedem Bundesland.

Leistungen schwanken von Bundesland zu Bundesland

Ein finanzieller Zuschuss für gehörlose Menschen ist nicht einheitlich auf Bundesebene geregelt. Jedes Bundesland legt hierzu eigene Regelungen fest.

In folgenden Bundesländern gibt es kein Gehörlosengeld und auch keine vergleichbare Leistung:

  • Baden-Württemberg
  • Hamburg
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Niedersachsen
  • Rheinland-Pfalz
  • Saarland

In den übrigen 10 Bundesländern gibt es Leistungen für gehörlose Menschen. Sowohl die Höhe dieser Leistungen als auch die Voraussetzungen weichen voneinander ab. In der Regel ist das Gehörlosengeld unabhängig von Einkommen und Vermögen. Es muss jedoch beantragt werden und oft werden andere Leistungen, zum Beispiel von der Pflegekasse, angerechnet.

Bayern

In Bayern gibt es kein Gehörlosengeld, sondern das Bayerische Blindengeld. Um dieses zu erhalten, müssen eine hochgradige Sehbehinderung oder Blindheit sowie eine zusätzliche Taubheit vorliegen, welche durch eine medizinische Beurteilung nachzuweisen sind. Ab dem 01. Juli 2023 werden folgende Leistungen ausgezahlt:

  • hochgradig sehbehinderte Menschen: 214,80 Euro
  • taubsehbehinderte Menschen: 429,60 Euro
  • taubblinde Menschen: 1.432 Euro
  • blinde Menschen: 716 Euro

Vergleichbare Leistungen werden angerechnet, zum Beispiel aus der Unfall-, Pflege- oder Sozialversicherung. Weitere Informationen finden Sie hier.

Berlin

In Berlin erhalten gehörlose Menschen Leistungen nach dem Landespflegegeldgesetz (LPflGG). Zu den Voraussetzungen zählen unter anderem ein Grad der Behinderung (GdB) von mehr als 90 und das Merkzeichen "TBI" für taubblinde Menschen im Schwerbehindertenausweis. Bei Gehörlosigkeit stehen ihnen maximal 161,28 Euro zu, bei einer hochgradigen Sehbehinderung mit Gehörlosigkeit sind es maximal 322,56 Euro und für Taubblinde beträgt die Leistung maximal 1.189 Euro. Die individuelle Höhe richtet sich unter anderen nach dem Alter des Betroffenen. Außerdem werden andere Leistungen, zum Beispiel von der Pflegeversicherung, angerechnet. Weitere Informationen finden Sie hier.

Brandenburg

In Brandenburg gibt es das Gehörlosengeld ebenfalls im Rahmen des Landespflegegeldgesetzes. Es beträgt monatlich 106,60 Euro und wird bei einem GdB von 100 gewährt. Der Anspruch wird gekürzt, wenn zum Beispiel Leistungen aus der Unfallversicherung bezogen werden, Leistungsanspruch der Pflegeversicherung bestehen oder Betroffene in teilstationären oder stationären Einrichtungen leben. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bremen

In Bremen gibt es kein Gehörlosengeld. Allerdings bietet das Land Bremen die Kostenübernahme für Gebärdensprachdolmetscher an. Diese können beim Landesverband der Gehörlosen bestellt werden, zum Beispiel für Behördengänge, Notar- oder Anwaltstermine und andere wichtige Anlässe.

Hessen

In Hessen kann ein Antrag auf Gehörlosengeld nach dem Hessischen Landesgehörlosengeldgesetzes (LGIGG) gestellt werden. Der Anspruch auf finanzielle Unterstützung beläuft sich auf 77 Euro monatlich. Voraussetzungen zur Bewilligung sind unter anderem der Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "GI" (gehörlos) und ein GdB von 100. Weitere Informationen bekommen Sie beim Verwaltungsportal Hessen.

Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen erhalten Menschen mit Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit unter bestimmten Voraussetzungen ein Gehörlosengeld von 77 Euro im Monat. Weitere Informationen finden Sie hier.

Sachsen

In Sachsen erhalten Gehörlose einen finanziellen Nachteilsausgleich über das Landesblindengeldgesetz (LBlindG). Das Gehörlosengeld beläuft sich auf 150 Euro im Monat. Liegt eine zusätzliche Blindheit vor, steigt der Betrag auf 650 Euro. Ausgeschlossen sind Menschen, die bereits Leistungen aus der Unfallversicherung o.ä. erhalten. Voraussetzung für den Erhalt der Ansprüche ist ein GbB von 100. Weitere Informationen finden Sie hier.

Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt beträgt das Gehörlosengeld nach dem Landesblinden- und Gehörlosengeldgesetz 57,91 Euro im Monat. Andere Leistungen zur Pflege, zum Beispiel aus der Pflegeversicherung, werden angerechnet. Ein Anspruch besteht nicht, wenn Betroffene in einer stationären Einrichtung leben. Weitere Informationen finden Sie hier.

Schleswig-Holstein

In Schleswig-Holstein gibt es kein Gehörlosengeld, sondern nur eine Leistung für taubblinde Menschen. Sie beträgt 400 Euro im Monat. Weitere Informationen finden Sie hier.

Thüringen

In Thüringen beträgt das Gehörlosengeld nach dem Sinnesbehindertengeldgesetz 100 Euro im Monat. Befindet sich der gehörlose Patient in einer stationären Einrichtung, reduziert sich das Gehörlosengeld auf 82,10 Euro. Betroffene haben keinen Anspruch, wenn sie bereits andere Leistungen erhalten, zum Beispiel aus der Unfallversicherung oder nach dem Bundesversorgungsgesetz. Weitere Informationen finden Sie hier.


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